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Ein mehr als erschütterndes Dokument

Margot Seewi schenkte ihrer Heimatstadt vor zehn Jahren das Buch "Le Camp de Gurs"

Fritz Rapp, der im Mühlweg ein Schneidergeschäft betrieb, wurde am 22. Oktober 1940 zusammen mit seiner Frau Tilly festgenommen und nach Gurs deportiert. Zum schicksalhaften Transport gehörten der vierjährige Sohn Ernst Rapp und Tilly Rapps Mutter Recha Heil, geborene Neu, Witwe des Textilkaufmanns Isaak Heil, der im heutigen Haus der Commerzbank am Beginn der Fußgängerzone ein Konfektionsgeschäft betrieb. Ernst Rapp überlebte Gurs durch den Zufall, dass er in der Krankenstation lag, als seine Eltern 1942 in Auschwitz starben.

Im Mai 1979 gehörte Ernst Rapp zu den 17 ehemaligen jüdischen Bürgern Weinheims, die einer Einladung in ihre Heimatstadt gefolgt waren. Hier traf der nun in Israel beheimatete Ernst Rapp auf seine in Köln lebende zehn Jahre ältere Schwester Margot Seewi. Sie hatte im Januar 1940, noch vor der Deportation der letzten Weinheimer Juden, den Sprung nach Palästina geschafft.

Lange zögerte sie, dann entschloss sich Margot Seewi zu einer Fahrt nach Gurs. Sie wollte den Ort kennen lernen, an den ihr Bruder, die Eltern und die Verwandten verschleppt worden waren. Ihre Eindrücke fasste sie danach in einem Brief an den Weinheimer Oberbürgermeister zusammen: "Bei meinem Besuch in Gurs zeigte man mir das kurz zuvor erschienene Buch 'Le Camp de Gurs' von Claude Laharie. Es ist ein erschütterndes Buch, die Geschichte des Lagers und seiner Insassen, wobei die badischen Juden das traurigste Kapitel darstellen. Ich schäme mich, dass ich so alt werden musste, bis ich mir erstmals vor Augen führen konnte, wie grauenvoll das Leben für die Deportierten dort aussah - wenn man es noch Leben nennen kann".

Anlässlich des 50. Jahrestags der Deportation am 22. Oktober 1990 schenkte Frau Seewi drei Exemplare dieses Buches ihrer Heimatstadt Weinheim: Zum Andenken an meine Eltern, Fritz und Tilly Rapp, an meine Großmutter Recha Heil und an alle anderen Weinheimer Juden, die in Gurs und Auschwitz sterben mussten". Vor zehn Jahren erhielten die Stadtbibliothek, das Stadtarchiv und Margot Seewis, geb. Rapp, ehmalige Schule, das heutige Werner-Heisenberg-Gymnasium, je ein Exemplar des Buchs, mit dem Wunsch, "dass sich künftige Schülergenerationen über das Ende der jüdischen Gemeinde in Weinheim informieren können".

Heinz Keller, am 21.10.2000 in den Weinheimer Nachrichten veröffentlicht.

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