Gurs, 21. Aug. 41
Lieber Martin! Wir haben Deinen an l[iebe]Lore gerichteten
Geburtstag[sbrief] erhalten, haben uns alle damit gefreut.
Sehr bedauerlich haben wir es gefunden, daß
Du deinen Geburtstagsbrief am 18. Aug[ust]. noch nicht
erhalten hast, hoffentlich ist dann alles nach-
träglich eingelaufen; auch der neue Füllfeder-
halter? Uns geht’s soweit gut, bei Dir ja Gott
lob auch; hier im Lager hat es Änderungen
gegeben Ilot B ist aufgelöst so bekam
wir 180 Mann, wir erhielten 2 Mann jetzt
sind wir 30 Leute in der Baracke. Kannst
Du uns alsmal Kartoffeln schicken, denn
diese sind ja frei. Ein Paket von Fr[au]. Salomon
ist noch nicht eingetroffen. Ich schicke Dir
diese Woche 20 Franken, bleib weiter gesund
schreibe bald wieder Recht herzl[iche] Grüße Kuß
Dein Vater Albert Eckstein
Lieber Martl Martin! P105: Lore] hat mir heute Deinen l[ieben]
Brief gebracht, er ist reizend, so schön gemalten Herzen
& Blumen. Da habt Ihr einen guten Tausch gemacht
mit Eurem Zimmer. Und die Wahl mit dem Licht
abends noch im Bett ist auch fein angedacht.
Und denk mal an wie schön Du kannst Dir Brombeeren
pflücken beinahe wie wir vor 2 Jahren. Da[ran]
erinnerst Du Dich doch noch? Warum ist
Walter K. zurückgekommen? Kommt nach U.S.A.?
Kommen viele Kinder bei Euch weg? Sonst gibt’s
nichts Neues. Papa Albert Eckstein & ich Felicitas Eckstein sind öfters beisammen &
freuen uns immer miteinander! Frau Picoudioh
nach Marsaille & sonst sind wir noch 28. Lore will auch
noch schreiben, ich lege Dir einige Marken bei.
Schreibe bald & oft. Herzlichen Kuß Deine
Mutter Felicitas Eckstein
Lore ist sehr überreich beschenkt worden. Doch sie
schreibt Dir ja selbst.
Mein lieber Martin! Mit Deinem lb [lieben]
Geburtstagsbrief habe ich mich wirklich sehr gefreut. Ja, wir wol-
len hoffen, dass wir nächstes Jahr wieder alle zusammen feiern.
Mit Deinem gemalten Herz & den bunten Farben, mit denen Du geschrieben hast,
habe ich gesehen, dass Du mir langsam Konkurrenz machst. Sei mir nur
nett[?]. Durchfall [...] Ich hatte es 3 Wochen hintereinander. – Wie hast Du
Deinen Geburtstag verbracht? Ich wurde furchtbar reich beschenkt. Der ganze
Tisch war voll ich mußte beinahe anbauen, aber lieber wäre mir
gewesen, ich hätte in Pf[orzheim]. bei weniger Geschenken feiern können.
Ich muß mal sehen, dass ich mich auch fotografieren lassen
kann & dann schicke ich Dir auch ein Bild. – Bei uns reg=
net es mal zur Abwechslung wieder. Ich wollte ich wäre bei Dir
& könnte mit Dir Brombeeren suchen. – Papa Albert Eckstein kommt nach wie
vor, jeden Tag zu uns ins Ilot. Onkel Hermann ist immer
noch in der Arbeits-Company. – Wie gefällt Dir der neue Füller?
Hast Du verstanden, wie ich Dir beschrieben habe, dass man
ihn füllt? Vom Büro bekam ich u.a. eine Regenhaube, wel
che man z.Zt. sehr gut gebrauchen kann. Bleibe gesund +
schreibe bald wieder. Herzl[iche] Grüße + Küsse Deine Lore
Veröffentlichung mit freundlichen Genehmigung des Stadtarchiv Pforzheim
Briefkopien aus dem Stadtarchiv Pforzheim; S5 Nr. 1758
Brief der Eltern und Schweste aus dem Lager Gurs an ihren Sohn Martin in Aspet