Hauptlehrer und Kantor Marx Maier
Um Weinheims kulturelles Leben verdient gemacht
Der Gründer des Weinheimer Kammermusikvereins verstarb vor 50 Jahren
Nach einer kurzen Krankheit verschied am 3. September 1932 Marx Maier im Alter von 58 Jahren. Wohl kaum eine Persönlichkeit hat im kulturellen Leben der Stadt Weinheim so deutlich sichtbare Zeichen hinterlassen wie dieser großartige Lehrer und Kantor. Marx Maier ist es gewesen, der Weinheim als Musikstadt weithin bekanntgemacht hat.
Im März des Jahres 1903 legte er durch das erste Arrangement eines Kammermusikabends mit seiner Schwägerin, der weit über die Grenzen der Heimat hinaus bekannten Pianistin Pauline Rothschild, den Grundstein zum Weinheimer Kammermusikverein. Allerdings wurde dieser offiziell erst am 24. Januar 1918 gegründet und stand fortan unter der umsichtigen und hingebungsvollen Leitung von Marx Maier. Pauline Rothschild, die ihm bei seinen übernommenen Verpflichtung beistand, war eine brillante Kammermusikerin. Der Schwager Maier hatte neben seiner soliden Berufsausbildung als Volksschullehrer das Großherzogliche Konservatorium in Karlsruhe besucht und bei dem bekannten Paul Hieber in Mannheim Gesang studiert. Ferner nahm er Unterricht bei Konzertmeister Müller (Violoncello) und wirkte als Celist im Orchester der Hochschule für Musik in Mannheim mit.
Im Jahre 1898 wurde er als Kantor und Religionslehrer nach Weinheim berufen. 1908 heiratete er die Tochter Bertha der alteingesessenen Familie Rothschild. Die reiche Befähigung musikalischer Gestaltung und eine stets lodernde Begeisterung verbunden mit einer gediegenen fachgerechten Ausbildung waren dessen Elemente, um sich mit voller Hingabe dem Kammermusikverein widmen zu können, ja in ihm eine Lebensaufgabe zu erblicken. Durch seine Initiative wurden seit 1918 ständig Kammermusikkonzerte veranstaltet. Es gelang ihm, was keiner Konzertagentur gelungen wäre, die Stadt Weinheim in den Kreisen der besten Interpreten klassischer Musik zu einem Begriff zu machen. Familien, mit Namen alteingesessener Geschlechter, wie Hildenbrand, Freudenberg und Hirsch, die mit ihm den Ehrgeiz hatten, einen größeren Kreis von Musikfreunden Konzerte zu bieten, die sonst nur in den Großstädten veranstaltet werden konnten, unterstützten den musikbegeisterten Lehrer.
Wer erinnert sich nicht der Namen, die in der Musikgeschichte einen guten Klang haben und die Konzertveranstaltungen in unserer Stadt bereicherten. Quartette von Weltruf spielten vor einem begeisterten Publikum wie das Wendling-, Rosé-, Gewandhaus und Buschquartett. Bei einem Konzert des Amar-Quartetts spielte ein Bratschist mit dem Namen Hindemith. Erich Kleiber, Clemens Krauß, Siegfried Wagner, Hermann Abendroth und Claudio Arrau sind nur einige Namen weltberühmter Künstler, die einst Gäste des Kammermusikvereins Weinheim waren und deren Gastspiel Marx Maier zu verdanken war. Sein Grundsatz war: "Das Best ist gerade gut genug".
Aber auch als Lehrer an der Pestalozzischule hat sich Kantor Maier verdient gemacht. Mit seinem pädagogischen Geschick wußte er nicht nur Wissen zu vermitteln, sondern auch die Seele des jungen Menschen zu formen. Dazu verhalf dem trefflichen Schulmann und Erzieher ein gütiges Herz im Lichte eines vielseitigen Geistes. Mit Pflanzen und Tieren war er eng vertraut. Seinen Schülern erschloß er die heimische Natur. Maier war auch ein bekannter Bergsteiger. Die Gipfel im Kanton Wallis/Schweiz hat er fast alle bestiegen, ja selbst das Matterhorn bezwungen.
Der jüdischen Gemeinde war Marx besonders aufopfernd und liebend verbunden. Er gründete 1904 den Synagogenchor, den er bis zu seinem Tode leitete. Die badische jüdische Landessynode hatte die Chorgemeinschaft als "Musterchor" bezeichnet. Der Oberrat der Israeliten ernannte den Weinheimer Kantor zum Referenten für jüdischen Kirchengesang. Im Nachruf der israelitischen Gemeinde findet sich die charakteristische Aussage: "Jeder von uns verliert einen persönlichen Freund".
Die unbarmherzige Verfolgung der Juden durch den Nationalsozialismus und das wohl düsterste Kapitel deutscher Geschichte blieb Marx Maier erspart. Sich seiner zu erinnern gebietet die Tatsache, dass diese große Persönlichkeit sich um Weinheim über alle Maßen verdient gemacht hat.
Veröffentlicht in den Weinheimer Nachrichten vom 03.09.1982.