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Ein Gotteshaus überlebt

Ehemalige Synagoge in Lützelsachsen ist heute ein Wohnhaus

Was Weinheim widerfuhr, blieb Lützelsachsen erspart. Während die Synagoge Weinheims in der heutigen Ehretstraße in den Morgenstunden des 10. November von einem braunen Mob gesprengt und zerstört wurde, existiert das Gotteshaus in Lützelsachsen noch heute.

Es befindet sich in der Wintergasse und ist heute ein Wohnhaus.

Die jüdische Gemeinde Lützelsachsens bestand bis 1938. Entstanden ist sie in der Zeit des 17. und 18. Jahrhunderts, 1871 lebten 122 jüdische Bürger in Lützelsachsen. Die Familien lebten vor allem vom Handel mit Textilwaren und Vieh; 1933 gab es beispielsweise noch zwei jüdische Viehhändler im Ort. Zu dieser Zeit lebten nur noch 13 Bürger jüdischen Glaubens in der Gemeinde, mindestens fünf von ihnen kamen im Zuge der Judenverfolgungen und -ermordungen ums Leben.

Es war 1840, als sich der jüdischen Gemeinde ein geeignetes Gebäude als Synagoge anbot. Es war die ehemalige lutherische Kirche in der Wintergasse, die zum Verkauf angeboten wurde. Interessant dabei: Die Kirche wurde 1809 erbaut, die Steine für das Gotteshaus stammten von der katholischen Weinheimer Deutschordenskapelle. Bis 1822 wurde das Gebäude als Kirche genutzt, danach kaufte der Bürger Heinrich Jost die Kirche. 1510 Gulden kostete sie und aus ihr machte er ein Wohnhaus.

Seine Spuren sind heute noch zu sehen, denn an dem ehemaligen Hauseingang an der Nordseite des Hauses brachte er sein Namenszeichen an: Zusammen mit der Jahreszahl 1823 steht dort ein H für Hermann und ein E für Eva Jost. Doch 17 Jahre später verkaufte Jost wieder, dieses Mal für 1700 Gulden. Die neue Eigentümerin: Die jüdische Gemeinde Lützelsachsen, welche die ehemalige Kirche, die mittlerweile ein zweistöckiges Wohnhaus samt Scheune und Stallung war, komplett übernahm. Aus dem Jahre 1865 stammt eine Notiz des Gemeindeschreibers, der von einem Betsaal berichtet, das ein Viereck bildete: Die Stühle der Gläubigen befanden sich dort auf der nördlichen, östlichen, südlichen und westlichen Seite.

Bis in die 30er Jahre wurden in der Synagoge - auch wenn die jüdische Gemeinde immer kleiner wurde - Gottesdienste gefeiert. Am 6. Mai 1938 wurde das Gotteshaus schließlich verkauft und der neue Eigentümer Erich Fath baute es wieder zu einem Wohnhaus um. Für die Synagoge letzten Endes eine glückliche Fügung, denn somit entging sie der Zerstörung in der Pogromnacht im November 1938. Damals war auch noch das so genannte "Lamm Gottes" zu sehen, das sich am Giebel zur Straßenseite der Wintergasse befand. Es stammte noch von der ehemaligen Deutschordenskapelle und wurde später im Zuge einer umfassenden Renovierung durch eine Kopie ersetzt. Das Original ist heute im Museum der Stadt Weinheim zu sehen.

Von der Synagoge in Weinheim blieb nichts übrig, einzig eine nüchterne kleine Gedenktafel gegenüber des alten Standorts in der heutigen Ehretstraße erinnert an die Zerstörung und somit an das gewaltsame Ende der jüdischen Gemeinde in Weinheim.

Artikel von Sandro Furlan aus den Weinheimer Nachrichten vom 09.11.2006

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