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Sein Herz hing an Weinheim

Alfred G. Braun verstarb in Atlanta City im 69. Lebensjahr

Zu Weihnachten hatten sie sich noch einmal herzlich bedankt für den freundlichen Empfang in der alten Heimatstadt, hatten Ilse und Alfred Braun dem Oberbürgermeister und der Weinheimer Bürgerschaft ein gutes neues Jahr gewünscht. Jetzt mußte Ilse Braun ihren Freunden in Weinheim mitteilen, daß ihr Mann nach dreiwöchigem Krankenhaus-Aufenthalt gestorben ist.

Alfred Georg Braun war der älteste Sohn des Textilkaufmanns Adolf Braun, der in der heutigen Fußgängerzone ein angesehenes Herren- und Sportfachgeschäft betrieb. Im März 1937 floh die jüdische Familie vor dem braunen Terror und suchte in den USA eine neue Heimat. Alfred Braun fand sie in Atlanta City. Wie schwer der Neuanfang in der Fremde war, ließ er in den privaten Gesprächen anklingen, die er im Mai vergangenen Jahres mit jüdischen Schicksalsgenossen und alten Weinheimer Freunden am Randes des Heimattreffens ehemaliger jüdischer Mitbürger führte.

Dieses Heimattreffen, über 40 Jahre nach dem schrecklichen Geschehen, war Alfred Brauns Werk: Vom Rollstuhl aus, an den er seit Jahren gefesselt war, bemühte er sich um das Wiedersehen mit der alten Heimat und fand bei seinen Vorarbeiten in Oberbürgermeister Gießelmann und Oberamtsrat i. R. Daniel Horsch, dem Verfasser der Geschichte der jüdischen Gemeinde Weinheim, engagierte Helfer. Alfred Braun sprach dann, als siebzehn ehemalige jüdische Bürger der Einladung der Stadt Weinheim gefolgt waren, das beide Seiten befreiende Worte: "Man kann nicht vergessen, was geschehen ist, aber man kann verzeihen".

Für den schwerkranken Alfred Braun war die Teilnahme am Heimattreffen in Weinheim ein Wunder und eine Gnade zugleich. Er sah deshalb die letzte große Reise auch als einen Höhepunkt seines Lebens an. "Seither hat Alfred fast täglich von den schönen Tagen in Weinheim gesprochen" - schrieb jetzt Frau Ilse Braun an Oberbürgermeister Gießelmann. Zu Weihnachten hatte Alfred Braun noch selbst geschrieben: Wir zehren von diesem großen Besuch nicht nur Tage, Wochen und Monate, nein für Jahre. Er wird uns unvergessen bleiben. Der Tod hat Alfred Braun die Erfüllung des Wunsches versagt, das neu entdeckte Weinheim noch einmal zu erleben.

Heinz Keller, veröffentlicht am 08.02.1980 in den Weinheimer Nachrichten.

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