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Bis zu seinem Tod arbeitete er an Weinheims Ruf als Musikstadt

Hauptlehrer und Kantor Marx Maier, Gründer des Kammermusikvereins, hat sich um das kulturelle Leben in Weinheim große Verdienste erworben

„Wohl kaum eine andere Persönlichkeit hat im kulturellen Leben der Stadt Weinheim so deutlich sichtbare Zeichen hinterlassen”, sagte der Weinheimer Anzeiger am 6. September 1932 dem drei Tage zuvor in Mannheim verstorbenen Hauptlehrer und Kantor Marx Maier nach: „denn er ist es gewesen, der Weinheim als Musikstadt weithin bekannt gemacht hat”.

Nur 57 Jahre alt wurde der musikbegeisterte Pädagoge, mit dessen Namen die inzwischen 88 Jahre währende, von glanzvollen musikalischen Ereignissen und großen Namen begleitete Geschichte des Kammermusikvereins Weinheim untrennbar verbunden ist. Marx Maier war am 24. Januar 1918 sein Gründer und erster Vorsitzender. Schon im März 1903 hatte er, zusammen mit seiner Schwägerin Paulina, mit einem ersten Kammermusikabend den Grundstein zur Bildung einer Gemeinschaft von Musikfreunden gelegt.

Der Kammermusikverein Weinheim wurde zu Marx Maiers Lebensaufgabe und im Wirken für ihn durfte er sich allzeit der Unterstützung der angesehensten Weinheimer Familien sicher sein – der christlichen und der jüdischen, der Hirsch und Rothschild, der Freudenberg und Hildebrand. Dem Auftaktkonzert in der Aula des Realgymnasiums, der traditionellen Veranstaltungsstätte bis in die Zeit nach dem 2. Weltkrieg, folgten bis heute nahezu 600 anspruchsvolle Konzertabende beim Kammermusikverein Weinheim.

Marx Maier, 1875 in Hörden im Murgtal, nahe Gaggenau, geboren, Absolvent des Großherzoglichen Konservatoriums in Karlsruhe, wurde 1898 als Kantor und Religionslehrer der kleinen jüdischen Gemeinde nach Weinheim berufen. Er verkehrte gern in der Familie von Wolf Rothschild: zum einen der hübschen Tochter Bertha wegen, die er 1901 heiratete, zum andern wegen der außerordentlich musikbegabten Tochter Paulina, deren Klavierstudium er förderte und mit der er ab 1903 Konzerte und Kammermusikabende in Weinheim veranstaltete.

In seinen ersten Weinheimer Jahren studierte Marx Maier neben seinen Aufgaben in der israelitischen Gemeinde Gesang bei Karl Marx und Paul Hieber in Mannheim und von 1899 bis 1904 nahm er Violoncello-Unterricht bei Konzertmeister Carl Müller und wirkte als Cellist im Orchester der Hochschule für Musik in Mannheim.

1904 gründete Marx Maier den Synagogenchor Weinheim, der am 2. August 1906 bei der Einweihung der neuen Synagoge seine erste Bewährungsprobe zu bestehen hatte: Paulina Rothschild hatte eigens für diesen großen Tag den Psalm 127 für Chor, Bass- und Tenorsolo vertont. Von 1909 bis 1914 galt der Weinheimer Chor als Musterchor der Badischen Landessynagoge. 1931 ernannte der Badische Oberrat der Israeliten Marx Maier in Anerkennung seiner außerordentlichen Verdienste zum Referenten für jüdischen Kirchengesang.

Ein vielseitiger Mann

Marx Maier war ein der modernen Pädagogik aufgeschlossener Volksschullehrer, er erteilte über ein Vierteljahrhundert lang jüdischen Religionsunterricht am Realgymnasium und erwarb sich im Verein jüdischer Lehrer besondere Verdienste um den Gemeindegesang. Im „Israelitischen Frauenverein, Israelitischen Krankenunterstützungs- und Sterbekassenverein zu Weinheim” wirkten er und seine Frau als Vorstandsmitglieder. Seine vaterländischen Pflichten erfüllte Marx Maier als Kriegsteilnehmer und als treues Mitglied im Kriegerverein Weinheim. Er war in seiner Freizeit ein begeisterter Alpinist – doch seine ganz große Liebe war die Kammermusik.

Bis zu seinem Tod arbeitete Marx Maier für den Ruf Weinheims als Musikstadt. Neben regelmäßigen Kammermusikabenden führte er fünf Kammermusikfeste in Weinheim durch: 1923 mit Erich Kleiber, 1924 mit Hermann Abend-roth, 1925 mit Clemens Krauß, 1926 mit Siegfried Wagner, 1927 als Beethoven-Feier wieder mit Clemens Krauß. 1958 schrieb der Mannheimer Morgen zum 40. Gründungstag des Kammermusikvereins Weinheim: „Keiner Konzertagentur wäre gelungen, was dem musikbegeisterten Lehrer M. Maier gelang, nämlich die Stadt Weinheim in den Kreisen der besten Interpreten klassischer Musik zu einem Begriff zu machen. … Quartette von Weltruf spielten vor der begeisterten kleinen Gemeinde. Dem Wendling-, Rosé-, Gewandhaus- und Buschquartett war Weinheim schon in den Jahren 1921 und 1922 bekannt”. Im Gästebuch des Kammermusikvereins stehen auch Paul Hindemith und Claudio Arrau.

Marx Maiers Familie

Marx und Bertha Maier wohnten in den ersten Ehejahren bei den Eltern Rothschild in der Hauptstraße, von 1912 bis 1917 in einem Haus von Baumeister Jakob Hördt an der Hildastraße. Im April 1917 bezog die inzwischen siebenköpfige Familie ihre endgültige Bleibe im einstigen Lehrerhaus des Bender’schen Instituts an der Institutstraße, das 1936 auf Dr. Burger überging und im Zusammenhang mit der Anlage des Institutparkplatzes 1964 abgerissen wurde.

Bei der alten Rosskastanie im mauerumrangten Hof des ehemaligen Bender’schen Instituts wuchsen die Maier-Kinder Frieda Diana (Jahrgang 1902), Georg Alfred (1904), Ruth Helene (1907), Friedrich Hermann (1910) und Otto Albert Adolf (1911) auf. Ada Heckroth, geborene Maier, starb 1994 in Frankfurt, Ruth Cohn, geborene Maier, zog 1937 nach Lehrensteinfeld und emigrierte noch im gleichen Jahr. Ihren Lebensabend verbrachte sie in Hamburg. Georg Maier wurde Kaufmann und emigrierte 1936 nach Amsterdam, sein Bruder Friedrich studierte Jura und wanderte 1937 in die USA aus. Er wurde in Batavia/Illinois ein renommierter Rechtsanwalt und arbeitete zeitweise für die amerikanische Regierung. Otto Maier wurde Optiker und arbeitete bis zu seiner Emigration 1936 für Zeiss Jena. In seiner neuen Heimat Santiago de Chile gründete er ein Optik-Fachgeschäft.

Bertha Maier blieb nach dem Tod ihres Mannes Marx noch vier Jahre in ihrer Wohnung, zog dann für ein Jahr zu ihrer Schwester Frieda Braun und anschließend kurzzeitig zu ihrem Sohn Dr. Friedrich Maier in die Mannheimer Augusta-Anlage. Noch 1937 emigrierte die 58-Jährige in die Niederlande.

Heinz Keller, veröffentlicht in den "Weinheimer Nachrichten" vom 04.08.2006

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