Biographie Daniel Marx (1860-1941)
Daniel Marx war Sohn des Handelsmanns Moses Hirsch Marx und der Sophie geb. Maier. Er war ledig. Daniel Marx lernte Schuhmacher, arbeitete aber später in einer Maschinenfabrik in Weinheim. Bei einem Betriebsunfall 1892 verlor er vier Finger der rechten Hand und war seither arbeitsunfähig. Er betätigte sich aber als Verkäufer von Kleinwaren, z.B. für Streichhölzer etc. und lebte in Schriesheim zuletzt im Burgweg 121 in einfachsten Verhältnissen. 1922 betrieb die Gemeinde Schriesheim zunächst eine Aufnahme in das „Friedrichsheim für israelitische Sieche und arme Greise zu Gailingen”, weil er sich wegen ungenügenden Verdienstes nicht ernähren konnte.(1) Die Aufnahme in Gailingen erfolgte jedoch nicht. Stattdessen wurde Daniel Marx im April 1923 in die Kreispflegeanstalt Weinheim aufgenommen. Der Anstaltsarzt erklärte den als „Invaliden” und „geistig beschränkt” bezeichneten Mann als zur „Aufnahme geeignet”. Daniel Marx bezog eine von der Süddeutschen Eisen- und Stahl-Berufsgenossenschaft gewährte Unfallrente, welche die Kosten der Pflege jedoch nicht decken konnte. Hierfür erhielt Daniel Marx finanzielle Unterstützung von seiner nach Amerika ausgewanderten und in Hackensack (New Jersey) lebenden Schwester Carolina (Gütel) Mayer, geb. Marx, auf. Seit 1927 trug die Bezirksfürsorgestelle Mannheim-Land die Verpflegungskosten. Caroline Mayer vermachte der Kreispflegeanstalt Weinheim testamentarisch 1 000 Dollar für die Pflege und Betreuung ihres Bruders. Außerdem vermachte sie dem Levy Schlösser und seiner Frau Jette (geb. Marx)(2)500 Dollar in Würdigung ihrer Pflege und ihres Interesses, das sie Daniel Marx entgegengebracht hatten. Das Geld gelangte im März 1933 nach dem Tod der Caroline Mayer über das Amerikanische Konsulat in Stuttgart zur Auszahlung an die Kreispflegeanstalt. Herbert Marx (Jg. 1919, Shirley, NY), ein Neffe der Jette Schlösser, erinnerte sich noch 2005, dass Daniel Marx an den Wochenenden oft nach Schriesheim zu seinen (weitläufig) Verwandten kam. Die jüdischen Gemeinden von Weinheim (1928) und Birkenau (1928, 1932) erbaten von der Pflegeanstalt mehrfach die Beurlaubung von Daniel Marx zur Teilnahme an den Gottesdiensten der hohen Festtage – und zur Vervollständigung der „10 Mann” (Minjan).
Vor der Deportation (22.10.1940) durfte Daniel Marx von dem von ihm (bzw. der verstorbenen Schwester) hinterlegten Guthaben RM 58,20 mitnehmen.(3) Der Restbetrag des von der Bezirkssparkasse Weinheim verwalteten Kontos in Höhe von RM 372,56 wurde am 8. Mai 1942 „abgehoben”.(4)Wahrscheinlicher ist, dass dieses Vermögen aufgrund der 11. Verordnung zum Reichsbürgergesetz vom 25. November 1941 als „reichsfeindliches Vermögen eingezogen und verwertet” wurde. Ein Nachweis hierfür konnte nicht ermittelt werden. Eine Entschädigung für Daniel Marx hat nach dem Krieg offenbar niemand betrieben.(5)
Dr. Joachim Maier
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(1) Ärztlicher Bericht des Dr. Ludwig Weihrauch (Schriesheim) vom 22.6.1922; StadtA Schriesheim A 1619
(2) Jette Marx, geb. 11.7.1883 heiratete 1908 in Schriesheim den Levi Schlösser aus Doetinchem (Holland) und wanderte 1933 mit ihm und dem gemeinsamen Sohn Alfons nach Holland aus. Jette und Levi Schlösser wurden 1943 nach Sobibor deportiert und ermordet.
(3) KARNK Abt. 18/Zug. 2004/1 (Kreispflegeanstalt Weinheim / Marx, Daniel)
(4) Bescheinigung des Direktors der Kreispflegeanstalt an den Landkreis Mannheim, 31.8.1956; KARNK Abt. 18/Zug. 2004/1
(5) Im Bestand 480 des GLA Karlsruhe (Landesamt für Wiedergutmachung) gibt es keine Akte zu einem Entschädigungsverfahren nach Daniel Marx. Auch im HStAS EA 99/001 Bü 182 (Weinheim) kein Hinweis auf eine Entschädigungsakte.