Im Juli 1938 hielt Arthur Hirsch die Abschiedsrede vor der Belegschaft des Roßlederwerkes:
"Liebe Kameraden!
Die Betriebsleitung der Firma Hirsch hat Euch hierhergebeten, um bekanntzugeben, daß unsere Fabrik nach freundschaftlichen Verhandlungen durch die Firma Carl Freudenberg käuflich erworben worden ist. Mit dem morgigen Tag übergeben wir die Betriebsführung an die Firma Freudenberg. Einige Herren der alten Firma werden zur Überleitung noch einige Zeit hier anwesend sein.
Hiermit schließt die 70jährige Geschichte der Firma Sigmund Hirsch ab. In dieser langen Zeit hat sich, wie ich schon einmal ausgeführt habe, unser Betrieb vom kleinen Handwerksbetrieb, der im Jahre 1868 durch den Gerbermeister Sigmund Hirsch gegründet worden ist, zu einer Firma entwickelt, die sich durch die Güte und Schönheit ihrer Fabrikate und durch ihr geschäftliches Verhalten überall in Deutschland und in der ganzen Welt einen hochgeachteten Namen geschaffen hat.
In dieser Stunde des Abschieds soll unser Dank allen unseren Arbeitskameraden ausgesprochen werden, welche der Firma ihre Arbeitskraft und Anhänglichkeit gewidmet haben. Gleichzeitig bitten wir Euch, auch in Zukunft Eure ganze Kraft einzusetzen und Eure Gefolgstreue dem Werk zu erhalten. Ich darf es als ein besonderes Glück betrachten, daß es gerade die Firma Freudenberg ist, welche die Nachfolge antritt. Damit ist die Gewähr gegeben, daß die zukünftige Führung in berufene Hände gelegt ist. Es sei übrigens besonders erwähnt, daß die Firma Carl Freudenberg auch alle sozialen Verpflichtungen der Firma Hirsch mit übernommen hat.
Ich schließe mit dem Wunsch, daß unser altes Werk unter seiner neuen Leitung wachsen, blühen und gedeihen möge, und sage Euch im Namen der Herren Hirsch herzlich Lebewohl."
Quelle: Lederwerke Sigmund Hirsch 1868-1938. Erinnerungen von Max Hirsch. Lissabon 1940, Seite 191;
veröffentlicht in: Christina Modig: Die jüdischen Bürger Weinheims 1933-1945,
in: Stadt Weinheim (Hrsg.): Die Stadt Weinheim zwischen 1933 und 1945 (Weinheimer Geschichtsblatt Nr. 38), Weinheim 2000, Seite 480-481